Amanda (Emilie Neumeister) mit einem Skalpell am Bahnhof.
Sie ist verletzt und vollkommen verwirrt – mit der Hand umklammert sie ein blutverschmiertes Skalpell. Mitten in der Nacht wird das 16-jährige Mädchen in der Dresdner Neustadt aufgegriffen. Und was Amanda (Emilie Neumeister) auf der Wache erzählt, klingt abenteuerlich.
Wird sie tatsächlich von ihrem Vater (Maik Solbach) verfolgt? Stimmt es, dass er sie und ihre Schwester Jana schon ihr ganzes Leben in einem Keller gefangen hält? Eindringlich bittet sie Kommissarin Winkler um Hilfe: Jana schwebe in großer Gefahr. Denn ihr Vater lasse die beiden hungern, wenn sie nicht „artig“ seien.
Das vermeintliche Opfer steht nun selber unter Mordverdacht – und die Wahrheit liegt irgendwo zwischen Angst, Wahnsinn und Schuld.
Philipp Laupheimer (Yassin Trabelsi) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) im Kommissariat.
Kriminalhauptkommissar Schnabel zweifelt an der Geschichte der ganz offensichtlich psychisch angeschlagenen jungen Frau. Doch Leo Winkler glaubt ihr und will der Sache weiter nachgehen. Nur wo ist der Keller, in dem ihre Schwester noch gefangen gehalten wird? Bei ihrer Flucht hat Amanda die Orientierung verloren. Es wäre die Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
Dann geben Ergebnisse der Kriminaltechnischen Untersuchung (KTU) dem Fall eine überraschende Wendung. Die Blutspuren stammen von mehreren Personen, die mit Amanda verwandt sind. Was hat sie getan? Das vermeintliche Opfer steht nun selber unter Mordverdacht.
Oberkommissarin Leonie Winkler - Cornelia Gröschel
Kommissariatsleiter Peter Michael Schnabel - Martin Brambach
Kriminaltechniker Philipp Laupheimer - Yassin Trabelsi
Rechtsmediziner Dr. Himpe - Ron Helbig
Staatsanwalt Jakob Klasen – Timur Isik
Amanda / Jana – Emilie Neumeister
Hausmeisterin / Mutter – Nina Kunzendorf
Dr. Gülsüm Diallo – Abak Safaei-Rad
Marli Schmitt – Ella Gaiser
Steffen Klann – Maik Solbach
Mareike Klann - Mélanie Fouché
Magda Dembinski – Ursula Schlucht
Anführerin – Gloria Odosi
u.v.a.
Drehbuch – Viola M.J. Schmidt
Kamera – Roland Stuprich
Schnitt – Andreas Baltschun
Musik – Malakoff Kowalski
Ausführende Produzentin – Sirkka Kluge, Philine Zebralla
Produzentin/Produzent – Nanni Erben, Gunnar Juncken
Regie – Saralisa Volm
Drehzeit: 04. April – 03. Mai 2024
Drehorte: Dresden, Leipzig und Umgebung
Leo Winkler folgt im Tatort "Nachtschatten" entschlossen ihrem inneren menschlichen Kompass. Als im Dresdner Stadtgebiet ein Mädchen auftaucht, das sich in einer absoluten Ausnahmesituation befindet, erkennt Winkler hinter den ungeordneten Schilderungen einen möglichen Notruf, den andere zunächst nicht ernst nehmen. Gegen anfängliche Zweifel ihres Chefs hält sie an den Schilderungen des Mädchens fest und prüft jeden Hinweis. Ihre Mischung aus Instinkt, Empathie und Beharrlichkeit macht sie zur treibenden Kraft der Ermittlungen – und zur Einzigen, die wirklich zu dem Mädchen durchdringt.
Leo Winkler wird in „Nachtschatten mit einer traumatisierten Jugendlichen konfrontiert, die behauptet, ihr Vater habe sie und ihre Schwester in einem Keller gefangen gehalten. Warum glaubt Leo Winkler ihr und will der Sache weiter nachgehen, während ihr Kollege Schnabel daran zweifelt?
Auch Leo Winkler ist anfangs durchaus skeptisch, ob die Geschichte des Mädchens wahr ist, denn sie behauptet, sie würde nicht einmal ihren Nachnamen kennen... Für Leo ist aber allein die Möglichkeit, dass es stimmen könnte, Grund genug, der Sache nachgehen zu wollen, und die Vehemenz, mit der die junge Frau an ihrer Geschichte festhält, lässt Leo weitermachen.
Amanda (Emilie Neumeister), Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) und Peter Schnabel (Martin Brambach) im Kommissariat.
Wie haben Sie für sich persönlich eine Balance gefunden zwischen emotionaler Nähe zur Figur und der nötigen inneren Distanz, um diese intensive Geschichte spielen zu können, ohne sie ‚mit nach Hause zu nehmen‘?
So ganz lässt sich die Distanz nie wahren: Während der Drehzeit zu Tatortfolgen träume ich oft intensiver, manchmal auch von Verfolgungsjagden jeglicher Art oder Schlimmerem. Wichtig ist am Ende nur, nach dem Dreh alles wieder loszulassen, denn es ist und bleibt ja ein Spiel, eine Fiktion.
Was hat Sie an Saralisa Volms Regieansatz besonders beeindruckt?
Ich freue mich immer, wenn wir auch mal mit jungen Regisseurinnen zusammenarbeiten dürfen. Sie bringen meist große Dankbarkeit und viel Motivation für den Dreh mit, und das gibt mir persönlich als Schauspielerin Kraft und Freude für die Arbeit.
Drehbesprechung: Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) und Saralisa Volm (Regisseurin)
Peter Michael Schnabel begegnet diesem Fall mit der Routine und Vorsicht eines erfahrenen Kommissariatsleiters. In einem ohnehin knapp besetzten Team geben die Angaben des aufgegriffenen Mädchens für ihn zunächst zu wenig her, um größere Schritte einzuleiten. Er setzt auf klare Verfahren und belastbare Fakten. Doch je mehr sich die Hinweise verdichten, desto stärker rückt er von seiner anfänglichen Skepsis ab. Schnabel bleibt pragmatisch, ist aber bereit umzusteuern, wenn die Lage es erfordert – und wird so zu einer wichtigen, stabilisierenden Instanz innerhalb der Ermittlungen.
Wie geht Schnabel als Ermittler damit um, wenn er das Gefühl hat, jemand braucht dringend Schutz – er aber zugleich an dessen Geschichte zweifeln muss?
Wenn ich an der Geschichte von jemandem zweifle und trotzdem denke der braucht Schutz, dann würde ich wahrscheinlich Fachleute zu Rate ziehen. Psychologen, Ärzte … und die müssen dann entscheiden, wie es weitergeht.
Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) im Gespräch mit Peter Schnabel (Martin Brambach) im Kommissariat.
Zwischen Winkler und Schnabel gibt es inzwischen eine tiefe, fast familiäre Verbundenheit. Wie entwickelt sich die Dynamik bei diesem Projekt zwischen den beiden?
Schnabel empfindet mit Sicherheit eine gewisse Nähe zur Kollegin Winkler, er kennt sie ja auch schon sehr lange, aber trotzdem muss er ihr zwischendurch den Fall entziehen, um später festzustellen, dass die Kollegin mit ihrer Intuition doch Recht hatte. Dass sie sich dabei über alle polizeilichen Vorschriften hinwegsetzt und in Lebensgefahr begibt, ist äußerst leichtsinnig, aber Schnabel hat in dem Moment nur noch einen Gedanken - die Kollegin retten. Ich denke er würde, wenn es hart auf hart käme, sein Leben riskieren um ihres zu retten.
Wie war für Sie die Zusammenarbeit mit Regisseurin Saralisa Volm, die hier einen sehr eigenen Ton zwischen Krimi und Psychogramm findet?
Die Arbeit mit Saralisa Volm war großartig, äußerst erfüllend und sehr anregend!
Peter Schnabel (Martin Brambach), Saralisa Volm (Regisseurin). Im Hintergrund Raimond Schultheis (Regieassistent)
„Nachtschatten“ zeichnet ein sehr sensibles Psychogramm einer jungen Frau. Wie haben Sie sich auf diesen Tatort vorbereitet? Wie sind Sie an diese intensive Dynamik herangegangen?
Zuerst habe ich zu einigen realen Fällen wie beispielsweise denen von Natascha Kampusch oder Jordan Turpin recherchiert, gelesen, Filme geschaut und so weiter. Dort konnte ich einige Überschneidungen zu meiner Rolle Amanda finden. Von unserer Drehbuchautorin habe ich dankenswerterweise einiges Material bekommen, welches sie selbst zur Recherche genutzt hat.
Amanda (Emilie Neumeister) blutverschmiert am Bahnhof.
Am wichtigsten war für mich aber herauszufinden, was für Amanda anders ist und wie genau ihre ganz eigene Lebensrealität aussieht. Da sie einen großen Teil ihres Lebens in einem Keller verbracht hat, kennt sie viele für uns alltägliche Dinge nicht. Die Menschenmassen am Bahnhof oder Geräusche und Gerüche, aber auch bestimmte Wörter, die sie noch nie gehört hat. Auf diese vielen neuen Eindrücke habe ich mich während des Spielens konzentriert und dabei versucht das Ziel von Amanda, ihre Schwester zu finden, nicht aus den Augen zu verlieren.
Der Film spielt in Dresden – Ihrer Heimatstadt. Wie war es für Sie, dort zu drehen und mit dem Dresdner „Tatort“-Team zusammen zu arbeiten?
Es war das erste Mal für mich in meiner Heimatstadt Dresden zu drehen und ich habe mich sehr darauf gefreut! Familie und Freunde haben mich am Set besucht. Bei den Szenen am Neustädter Bahnhof war unter den vielen Komparsen sogar ein Freund von mir aus Schulzeiten dabei. Wir haben uns da also zufällig getroffen und haben in den Pausen gequatscht. Außerdem haben wir an Orten gedreht, die ich aus meiner Jugend kenne, wo ich früher selbst mit meinen Freunden Zeit verbracht habe. Ich hatte irgendwie ein Zuhause-Gefühl. Auch mit dem Team. Cornelia und Martin kommen ja auch aus Dresden. Das gesamte Team war großartig und ich habe mich sehr wohlgefühlt.
Amanda (Emilie Neumeister) hat ein Skalpell dabei und wird am Bahnhof von Passanten überwältigt.
Der Film ist atmosphärisch sehr intensiv. Wie haben Sie diese Stimmung am Set erlebt – und gab es eine Szene, die Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Die Stimmung am Set habe ich als sehr konzentriert wahrgenommen. Aber trotz des schweren Themas gab es auch Pausen und Momente, in denen gescherzt wurde. Für mich war es eine unglaublich schöne Zeit, an die ich gern zurückdenke.
Besonders im Gedächtnis geblieben sind mir vor allem die Szenen im Keller. Das Szenenbild hat hier beste Arbeit geleistet, was mir sehr geholfen hat in die Atmosphäre einzutauchen. Die Szenen auf dem Hochhausdach waren übrigens auch cool. Von dort aus hatte ich einen ganz neuen Blick auf Dresden. :)
Ihre Figur ist zentral für die emotionale Spannung in „Nachtschatten“. Was hat Sie an dieser Rolle besonders gereizt?
Dass ich eine solche Figur noch nie gespielt habe! Es gibt nichts Reizvolleres für mich, als in die Haut von doppelbödigen, abgründigen, nicht sofort greifbaren Rollen zu schlüpfen – das zu spielen ist ein großes Geschenk!
Leonie Winkler (Cornelia Gröschel, li.) und Peter Schnabel (Martin Brambach, re.) bekommen von Hausmeisterin (Nina Kunzendorf) den Keller eines Wohnhauses gezeigt.
Saralisa Volm hat einen sehr genauen Blick auf weibliche Figuren – wie haben Sie diese Zusammenarbeit erlebt?
Saralisa ist selbst Schauspielerin. Sie hat eine große Kenntnis, ein feines Gespür und v.a. ein großes Herz für Schauspielerinnen und Schauspieler. Ich habe die Zusammenarbeit als sehr respektvoll und zum Glück immer wieder auch als sehr lustig erlebt
Der Film erzählt viel über Ambivalenz – zwischen Nähe und Schuld, Liebe und Kontrolle. Wie haben Sie diese Zwischentöne angelegt?
Eine Figur entsteht für mich nie in der Theorie bei mir zuhause am Küchentisch. Sie fängt erst am Set an zu leben. Im Zusammenspiel mit meinen Kolleginnen und Kollegen, in der Zusammenarbeit mit der Regie und viel mehr aus dem Bauch als aus dem Kopf heraus. Es mag merkwürdig klingen, aber eigentlich habe ich lediglich versucht, eine liebende Mutter zu spielen.
Wie war die Arbeit im Ensemble, insbesondere mit Emilie Neumeister, die Ihre Filmtochter spielt?
Tochter (Emilie Neumeister) und Mutter (Nina Kunzendorf) beim Blumen pressen.
Herrlich! Emilie ist eine wunderbare junge Spielerin, die genau zu trennen wusste zwischen dem gruseligen Mutter-Tochter-Verhältnis, das es zu spielen galt und der respektvollen, zugeneigten und sogar humorvollen Zusammenarbeit von uns als Kolleginnen.
Das ist Ihr erster "Tatort". Was bedeutet für Sie ein "Tatort" als Regiearbeit – wie viel Freiheit und wie viel Format steckt darin?
Ich wollte unbedingt einen Tatort machen. Für mich ist das wie ein Ritterschlag. Jede Person in Deutschland kennt das Format, hat eine Haltung dazu, Erinnerungen, Wünsche. Aber ich wollte auch „meinen“ Film daraus machen, meine Handschrift auf einen Tatort übertragen. Dafür war der Tatort Dresden die optimale Wahl. Hier besteht ein großes Interesse an Filmen, die sich in die Reihe fügen und dennoch eine Einzelstückqualität aufweisen. Das zeigt sich zum Beispiel in der Offenheit für verschiedene Genres. Die Produzentin Nanni Erben und ihr Team waren dabei eine herausragende Unterstützung.
„Nachtschatten“ erzählt von einem familiären Geflecht, in dem Liebe und Schuld untrennbar verbunden sind. Was hat Sie an diesem Stoff besonders gereizt?
Mutter (Nina Kunzendorf) und Jana (Emilie Neumeister).
Prinzipiell interessieren mich menschliche Abgründe und unsere Motivationen. Was bringt uns dazu böse zu sein, wütend zu sein, Freiheit zu rauben? Die meisten von uns handeln aus guter Absicht, wollen das Richtige tun, folgen einem inneren Kompass. Wenn dieser fehlgeleitet ist, landen wir schnell in der Katastrophe. Und welches Gefühl kann uns besser fehlleiten als die Liebe?
Wie war die Zusammenarbeit mit Cornelia Gröschel und Martin Brambach, wie mit dem gesamten Ensemble?
Cornelia Gröschel (Leonie Winkler), Emilie Neumeister (Amanda/Jana), Martin Brambach (Peter Schnabel), Regisseurin Saralisa Volm (v.l.)
Cornelia und Martin sind ein eingespieltes Team. Sie kennen ihre Figuren Winkler und Schnabel sehr gut, und genau deshalb macht es große Freude, mit den beiden das Zusammenspiel für einen neuen Film zu entwickeln. Da kommen genau die richtigen Textvorschläge oder Spielideen, die den beiden Figuren Tiefe und Glaubwürdigkeit geben.
Für die Musik haben Sie, wie bereits bei früheren Projekten, mit Malakoff Kowalski zusammengearbeitet. Was schätzen Sie besonders an seiner kompositorischen Handschrift – und wie gestaltete sich der kreative Austausch während der Entstehung von „Nachtschatten“?
Kowalski und ich arbeiten seit fast 20 Jahren miteinander, was zur Folge hat, dass wir uns nahezu blind verstehen. Er kennt mich und weiß sehr genau, was ich suche und brauche, auch wenn ich nur Emotionen und Dramaturgien formulieren kann und wenig professionelles Musikvokabular besitze. Wir steigen schon sehr früh zusammen in die Projekte ein. Ich schicke ihm weit vor dem Dreh erste Playlists der Figuren oder Moods für den Film. Manchmal suche ich etwas Bestimmtes und dann stürzen wir uns gemeinsam in die Recherche. Für mich ist er Komponist, Musikberater und einer meiner strengsten Kritiker in einem. Das prägt meine Arbeit ungemein.
Die redaktionelle Verwendung der Fotos ist unter Nennung des Quelle-/Rechte-Nachweises kostenfrei. © MDR/MadeFor/Steffen Junghans
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